Trauer

24. 6. 2015 // // Kategorie Randnotizen 2015

trauer_studio ASYNCHROME

An uns alle.

Wir diskutieren oft über das Phänomen der Pluralen Wirklichkeiten. Zeitgleich existieren auf der Welt Realitäten, die wir uns hier (speziell im globalen Norden) nicht einmal vorstellen können. Von Kriegen, Zerstörung, Armut und sterbenden Menschen hören und sehen wir im Normalfall nur im Fernsehen (und da können wir einfach den Sender wechseln oder ausschalten).
An diesem Samstag dem 20.06.2015 sitzen wir auf der Terrasse und schlürfen unsere Tassen Kaffee, um uns eine kleine Pause von einem Brainstorming zu gönnen. Kurze Zeit später holt uns ein Anruf aus einer ganz anderen Wirklichkeit ab.

Eine Amokfahrt in Graz – 3 Tote und 34 Verletzte.

Normalerweise schreibt und liest man solche Zeilen über Orte, die weit, ja, ganz weit weg aus unserem Bewusstsein gelegen sind. Fassungslos über die schockierenden Nachrichten und Auswirkungen der Ereignisse blicken wir uns an. Der pure Schrecken vor der “eigenen Haustüre” verschlägt einem schon die Sprache. Was ist da eigentlich passiert? Diese Wahnsinnstat lässt uns unsere Verwundbarkeit auf schmerzliche Weise erkennen. Eine Ohnmacht, die unsere Welt ein kleines Stück zusammenrücken lässt – ohne Hass und Hetze! Gewalt, in welcher Form auch immer, war Auslöser der Tat und ist Auslöscher überall auf unserem Globus.
Zusammenhalt und Hilfsbereitschaft haben Schlimmeres verhindert – und dieser Zusammenhalt sollte auch als Symbol dafür stehen, dass solche unfassbaren Ereignisse nicht für politische oder rassistisch/hetzerische Zwecke missbraucht werden.

Graz trägt Trauer.

Eine Stadt ist ein Möglichkeitsraum unterschiedlichster Menschen, Kulturen und Ethnizitäten – und als solches Kollektiv, und nur als solches, zukünftig überlebensfähig. Menschen tragen Trauer. Egal von welchem Geschlecht, welcher Hautfarbe, welcher Herkunft oder Religion.
Wo befindet man sich, wenn etwas Schreckliches passiert? In der Herrengasse, in Syrien oder womöglich auf der Terrasse der eigenen Wohnung?
Die Willkür der Gewalt zeigt, wie kostbar und doch zerbrechlich ein Menschenleben ist – jedes Menschenleben!
Während wir diese Zeilen schreiben, sitzen wir nun wieder auf der Terasse. Nur trinken wir diesmal keinen Kaffee – unsere Tassen sind leer. Wir versuchen unter Mühe, die richtigen Worte zu finden. Das ist aber schwierig, auf Grund der Unbeschreibbarkeit des Anlasses.
Viele Menschen haben schon bewegende Briefe und Zeilen verfasst, um ihre Anteilnahme auszudrücken und diese an die Medien oder sozialen Netzwerke gerichtet. Wir schließen uns diesen Menschen und ihrer Anteilnahme an und teilen die Bitte, dieses erschütternde Ereignis nicht für politische Zwecke zu missbrauchen.
Wir wünschen uns für das Sicherheitsgefühl, dass keine Barrikaden errichtet, sondern durch ein Miteinander überwunden werden. Wir wünschen uns für die Wunden der Menschen und der Stadt, einen heilsamen Genesungsprozess durch Zeit und Verbundenheit.

An dieser Stelle gedenken wir den Opfern und Verletzten der Amokfahrt in Graz. Unser tiefes Mitgefühl und Beileid möchten wir an dieser Stelle den Hinterbliebenen und Angehörigen aus tiefstem Herzen ausdrücken.

Unser Post bleibt dieses Mal schwarz.

Michael und Marleen